Belgien

Die föderale Struktur Belgiens wirkt sich sehr stark auf die Forschungspolitik aus. Mit Deutschland verbindet Belgien enge und nachbarschaftliche Beziehungen. Ein Abkommen auf Regierungsebene zur bilateralen Kooperation im Bereich Wissenschaft und Forschung gibt es zwischen Deutschland und Belgien nicht.

Große Platz in Brüssel

© Purestock / Thinkstock

Förderung der Zusammenarbeit

Im Rahmen des Europäischen Forschungsraumes (EFR), geschieht die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Belgien weitgehend in direktem Kontakt zwischen Forscherinnen / Forschern und Forschungseinrichtungen, ohne dass es besonderer staatlich unterstützter Kontaktanbahnung bedarf. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten liegt in der Unterstützung des Auf- und Ausbaus von Netzwerken.

Politischer Rahmen

Seit 2011 steigen Belgiens prozentuale Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die Zahlen für 2021 zeigen, dass Belgien 3,2 % des BIP für FuE ausgab (nach 3,48 % 2020). Zum Vergleich: EU-27 2,1 %, Niederlande 2,3 % und Deutschland 3,1 %.

Sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene gehören Forschung und Innovation zu den wichtigen Politikfeldern. Der "Global Competitivness Report 2022" (GCR) sieht Belgien auf Platz 21, wodurch es einen Platz im Vergleich zum Vorjahr verliert. Auch wenn sich der Abwärtstrend im Bereich FuE fortsetzt, bleibt Belgien in diesem Bereich auf Platz 20. Laut dem GCR stiegen die Anzahl der Patentanmeldungen und wissenschaftlichen Publikation und auch die Ausgaben für FuE an, jedoch sank der Wert zur Qualität der Forschungseinrichtungen.

Dem Gesamtinnovationsindikator des "European Innovation Scoreboard 2023" zufolge liegt Belgien hinsichtlich seiner Innovationskraft über dem EU-Durchschnitt (125,8 %). Belgien gehört seit 2021 zur Gruppe der „Innovation Leaders“ und liegt europaweit auf Rang fünf (vor Deutschland). Eine besondere Stärke Belgiens liegt dem Bericht zufolge in der relativen Stärke eines attraktiven Forschungssystems, der Anwendung von IKT und Verknüpfungen (englisch: Linkages).

Die föderale Struktur Belgiens wirkt sich stark auf die Ausgestaltung der Forschungspolitik und die Struktur des Forschungssystems aus. In den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Innovation verfügen die Gemeinschaften und die Regionen über ausgeprägte eigene Kompetenzen. Die Regionen (Flämische Region, die Region Brüssel und die Wallonische Region) sind in erster Linie zuständig für Förderung und Gestaltung in der angewandten (industriell, technologisch) Forschung und der Innovation. Die Gemeinschaften (Flämische Gemeinschaft, Französische Gemeinschaft und Deutsche Gemeinschaft) sind verantwortlich für Bildung und (Grundlagen-)forschung an den Hochschulen.

Formal gibt es deshalb eine Reihe von verantwortlichen Institutionen für Wissenschaft, Forschung, Technologie und Innovation. Dementsprechend gestalten sich die Entscheidungsprozesse in der Forschungs- und Innovationspolitik komplex. Auf jeder Gewaltenebene existiert ein Beratungsorgan (Rat für Wissenschaftspolitik), das für die Erstellung von Gutachten und Empfehlungen für die Regierung zuständig ist. Diese Organe setzen sich aus Persönlichkeiten aus den Bereichen Wissenschaft, Universitäten, Wirtschaft und Gesellschaft zusammen.

Vor diesem Hintergrund ist eine Vereinfachung der institutionellen Zuständigkeiten sowie eine verbesserte Kohärenz und Effizienz der Forschungspolitik ein wichtiges Ziel der Regierung.

Schwerpunkte der Zusammenarbeit

Im deutsch-niederländisch-belgischen Grenzgebiet ist eine wachsende Zahl an Technologienetzwerken in Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Hochschulen und anderen Einrichtungen entstanden. TTR-ELAt steht für „Top Technology Region – Eindhoven/Leuven/Aachen technology triangle“. TTR-ELAt verkörpert eine europäische Stärkeregion für Elektronik, Nanoelektronik sowie Lebenswissenschaften. Das Bündnis verfolgt das Ziel, die Forschung in den Bereichen Gesundheit („Life Sciences“), der Materialentwicklung (insbesondere Chemie) und den Informations- und Kommunikationstechnologien stärker miteinander zu verknüpfen. Darüber hinaus sollen die Arbeits- und Finanzmärkte der Region grenzüberschreitend zusammenwachsen. Die Zusammenarbeit erfolgt nach dem Triple-Helix-Modell mit Partnern aus Wirtschaft, Forschung und Politik.

Eine intensive grenzüberschreitende Zusammenarbeit findet ebenfalls innerhalb der trinationalen Euregio Maas-Rhein EMR (mit den Niederlanden) statt. Hier stehen Mittel des Europäischen Strukturfonds zur Verfügung. Die EMR-2020-Strategie umfasst fünf Kernthemen. Ein zentrales Thema der Euregio mit Sitz in Eupen ist der Bereich „Wirtschaft und Innovation“. In diesem Zusammenhang wurden verschiedene grenzüberschreitende Kooperationsinitiativen entwickelt. Zum Beispiel das Projekt TeTRRA zum Technologietransfer in ländlichen Räumen und das Towards Top Technology Cluster (TTC), ein Projekt, das die Zusammenarbeit zwischen KMU in den Bereichen Gesundheit / Lebenswissenschaften, Informations- und Kommunikationstechnologie, Energie und neue Werkstoffe fördert.

Belgien war innerhalb von „Horizont 2020“ an 4.839 Projekten (von 35.381) beteiligt. Deutschland und Belgien nahmen gemeinsam an 2.957 Projekten teil.

In Horizont Europa (2021 - 2027) sind belgische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bislang (Stand August 2023) an insgesamt 1.629 Projekten beteiligt, davon in 993 Projekten gemeinsam mit deutschen Partnern.