Das deutsch-japanische Vorhaben der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Chiba University etabliert eine Forschungsdaten- und Biomaterialbank für Patienten mit Autoimmunerkrankungen des zentralen Nervensystems und errichtet ein Neuroimaging-Labor beim japanischen Partner.
© CCC-Neuro
Fachlicher Hintergrund
Im Fokus des Vorhabens stehen zwei Krankheiten, die in beiden Ländern vorkommen: Zum einen die multiple Sklerose (MS), in Deutschland die häufigste Ursache chronischer Behinderung im jungen Erwachsenenalter; zum anderen eine ähnliche, aber sehr seltene und oft schwerwiegender verlaufende Erkrankung, die Neuromyelitis Optica (Neuromyelitis Optica Spectrum disorders, NMOSD). Beide Erkrankungen führen häufig zu schweren neurologischen Ausfällen, beispielsweise einer ein- oder beidseitigen Minderung der Sehfähigkeit bis zur kompletten Erblindung, motorischen Störungen und Beeinträchtigungen der Gehfähigkeit bis zur Bettlägerigkeit, oder die Lebensqualität einschränkenden Symptomen, wie kognitive Störungen, Schmerzen und Spastik. Dies kann zu frühzeitiger Behinderung und einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben führen. MS ist eine häufige Krankheit in westlichen Ländern, in Japan bislang hingegen selten. Die NMOSD dagegen ist in beiden Ländern selten, in Japan jedoch etwas verbreiteter.
Der Vergleich möglicher Umweltfaktoren und evtl. unterschiedlicher Krankheitsverläufe bei Patienten mit neurologischen Autoimmunerkrankungen zwischen beiden Ländern und Bevölkerungen mit unterschiedlichen ethnischen/genetischen Faktoren sowie klimatischen Einflüssen und Ernährungsgewohnheiten ist ein besonders vielversprechender Ansatz zum besseren Verständnis der Rolle dieser Faktoren für Entstehung, Verlauf und Prognose dieser Krankheiten. Ein gemeinsamer klinischer Datensatz, standardisierte Protokolle für die Aufnahme von Bilddaten zur Charakterisierung des Krankheitsverlaufs (Magnetresonanztomographie des Gehirns und Rückenmarks, optische Kohärenztomographie der Netzhaut und des Sehnerven und Bewegungsanalyse mit einem speziellen Infrarot-Verfahren) und nach standardisierten Prozeduren gewonnene Bioproben sollen die methodischen Voraussetzungen zur gemeinsamen Bearbeitung von Forschungsfragen schaffen, die sich mit Umweltfaktoren, Verlauf, Ansprechen auf Therapien und Prognose dieser beiden schwerwiegenden Erkrankungen beschäftigen.
Eröffnung des CCC-Neuro © Makoto Kashiwabara, Charité - Universitätsmedizin Berlin
Projekt und Ziele
Wesentliche Ziele der ersten Förderphase (2017-2019) umfassten
- die Erstellung einer standardisierten, elektronischen Datenbank,
- die Rekrutierung einer ersten Patienten-Kohorte und den
- Aufbau einer Forschungspräsenz an der Partneruniversität in Form eines deutsch-japanischen Gemeinschaftslabors (CCC-Neuro - Charité Chiba Collaborative Laboratory for researching Chronic Neuroinflammation).
Aspekte der Forschungsstruktur
In der Konsolidierungsphase (2019-2022) soll die Sichtbarkeit der Forschungspräsenz erhöht werden, beispielsweise durch gemeinsame Veranstaltungen im Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) und der AHK in Tokio. Das japanische Interesse an deutschem Entrepreneurship soll durch Kontakte zu deutschen jungen Unternehmen auch eine Verbindung nach Japan und einen dortigen Marktzugang ermöglichen. Konkret soll zunächst der Technologietransfer durch Einbindung von Berliner Startups (Charité-Ausgründungen) im Bereich Bewegungsanalyse (Motognosis) und später auch Netzhautanalyse (Nocturne) gefördert werden. Neben der Vertiefung der gemeinsamen Forschung wird ein gemeinsamer Antrag für ein Internationales Graduiertenkolleg bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) vorbereitet.
Durch thematische Überscheidungen bietet das Vorhaben zudem Kooperationspotentiale mit dem anderen laufenden Projekt zum Aufbau einer Forschungspräsenz in Japan (OCTmapp), dort werden optische Kohärenztomographieanwendungen erforscht. Für CCC-Neuro sind Netzhautanwendungen der optischen Kohärenztomographie wichtig, diese waren bislang nicht Bestandteil von OCTmapp. In einem gemeinsamen Projekt zwischen der Charité Berlin und dem Fraunhofer IPT sollen durch neurologische Erkrankungen verursachte Netzhautveränderungen mittels polarisationssensitiver optischer Kohärenztomographie erforscht werden.
Ansprechpartner
Koordinator
Prof. Dr. Friedemann Paul
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Abt. Neurologie
friedemann.paul@charite.de
Tel.: +49 30 450 639705
Ansprechpartner in Japan
Prof. Satoshi Kuwabara
Chiba University, Graduate School of Medicine
Department of Neurology
kuwabara-s@faculty.chiba-u.jp
Tel.: +81 43 222 7171