Blutvolumina bei Patienten mit chronischer Höhenkrankheit

An der chronischen Höhenkrankheit leiden weltweit 5,4 Millionen Menschen. In Bolivien sind davon circa 10% betroffen, das sind 1,15 Millionen Menschen. Dabei führt „zu dick“ gewordenes Blut zu körperlicher und geistiger Eingeschränktheit und zu einer Vielzahl von Folgeerkrankungen, wie Herzversagen und Demenz. Bislang gibt es keine Heilungsmöglichkeit.

Höhenzug in Bolivien

Laguna Colorado auf 4278 m Höhe © qayyaq / pixelio.de

Allein auf der bolivianischen Hochebene (ca. 4.000 m) leiden schätzungsweise 250.000 Menschen an der chronischen Bergkrankheit. Normalerweise ist die Mehrbildung von roten Blutkörperchen in einer Größenordnung von 20-30% eine sinnvolle Anpassung an diese Höhe; bei dieser Krankheit beträgt die Reaktion aber ein Vielfaches. Einzig ein Abstieg auf niedrigere Höhen führt zur Reduzierung der roten Blutkörperchen.

Da es bislang keine Möglichkeit gab, die Mehrproduktion an roten Blutkörperchen wissenschaftlich genau zu ermitteln, konnten auch mögliche Therapiemaßnahmen nur schlecht beurteilt werden. Das bis Januar 2017 laufende Projekt hat sich daher die Aufgabe gestellt, in einem ersten Schritt die Blutmenge von Patienten mit chronischer Höhenkrankheit zu bestimmen und in einem zweiten Schritt mögliche Therapiemaßnahmen aufzuzeigen. Diese bestanden in jeweils dreiwöchigen Interventionen von

  1. Abstieg ins Flachland (1.100 m),
  2. nächtlicher Sauerstoffbeatmung und
  3. medikamentöser Steigerung der Atmung.

Hoffnung auf konkrete Therapiemaßnahmen

Rückatmung
Durchführung der Blutvolumenbestimmung mittels Einatmung einer kleinen Menge Kohlenmonoxid © W. Schmidt

Wenn sich die im Pilotprojekt erzielten Ergebnisse in weiteren, umfangreicheren Studien bestätigen, können konkrete und effiziente Therapiemaßnahmen empfohlen werden. Dies können Empfehlungen zur Emigration in tiefer gelegene Gebiete, Verordnung einer Sauerstofftherapie oder begleitende medikamentöse Therapien sein. Da der überwiegende Anteil der betroffenen Patienten der sehr armen Bevölkerungsschicht angehört, können – zumindest in Südamerika – trotz der zu erwartenden weitverbreiteten Therapiemaßnahmen zunächst keine großen Gewinne erwartet werden.

Höhenkrankheit: weltweit verbreitet, aber in der Forschung vernachlässigt

Das medizinische Problem der chronischen Höhenkrankheit betrifft die Bevölkerung von Gebieten oberhalb von 3.200 m. Dies bedeutet, dass große Teile der bolivianischen und peruanischen Bevölkerung in Südamerika und von Tibet in Asien betroffen sind. Daraus ergibt sich zwingend eine internationale Zusammenarbeit der betroffenen Länder sowie internationaler Gesundheits- und Forschungsorganisationen. Bislang sind jedoch nur punktuelle Untersuchungen persönlich interessierter Wissenschaftler durchgeführt worden, die in Zukunft besser koordiniert und gesteuert werden müssen. Im konkreten Projekt ist die sehr effektive Zusammenarbeit der Partner hervorzuheben, d.h. die Kombination von praktischer Erfahrung und Kompetenz in der Alltagsbehandlung der Patienten durch die bolivianischen Mitarbeiter und die Einführung innovativer Messtechniken durch die deutsche Seite. Dadurch wurde eine sehr effektive Projektdurchführung mit optimalen Ergebnissen erreicht.

Gruppenbild Forscher
Das Team um Prof. Walter Schmidt von der Universität Bayreuth und Dr. Rudy Soria vom Instituto Boliviano de Biologia de Altura (IBBA)
© W. Schmidt

Besondere Ergebnisse und Erfolge der Maßnahme

Die Ergebnisse des ersten Teils des Projekts zeigen eine Vermehrung der roten Blutkörperchen um bis zum Dreifachen von dem, was bei einem gesunden Menschen gemessen wird, was eine riesige Mehrarbeit für das Herz bedeutet. Auch die ersten Ergebnisse der Therapiemaßnahmen zeigen erstaunliche Tendenzen. Innerhalb von 3 Wochen im Tiefland werden rote Blutkörperchen bis zu einer Menge abgebaut, die derjenigen entspricht, die eine gesunde Frau besitzt. Bemerkenswert sind auch die Verbesserungen aller Krankheitsanzeichen. Die Maßnahmen mit Sauerstoffatmung über Nacht und mit medikamentöser Steigerung der Atmung waren zwar nicht ganz so effektiv wie der Abstieg ins Tiefland, zeigten aber doch deutliche Verbesserungen. Schon jetzt lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass eine Veränderung des Lebensmittelpunkts ins Tiefland die beste Therapiemaßnahme ist. Wenn ein Abstieg nicht möglich ist, sollte geprüft werden, ob eine ständige nächtliche Sauerstoffzufuhr langfristig zu einer Verbesserung führen kann. Auch die medikamentöse Behandlung war erfolgreich. Hier muss geprüft werden, ob langfristig Nebenwirkungen auftreten können. Auch eine Kombination aller Maßnahmen ist denkbar.

Weitere Informationen finden Sie in dieser Broschüre (Seite 21).

Ansprechpartner/in

DLR Projektträger
Europäische und internationale Zusammenarbeit
Inge Lamberz de Bayas
Tel.:+49 228 3821 -1436

Universität Bayreuth
Sportmedizin
Prof. Dr. Walter Schmidt
Tel.: +49 921 553464