Sekundenschnelle Messung direkter Sonneneinstrahlung und Licht von Schneereflexionen

Die von der Sonne ausgehende Strahlung wird durch verschiedene atmosphärische Prozesse, vor allem durch die Wolken, wesentlich verändert und räumlich umverteilt. Die Erfassung derartiger Veränderungen in Abhängigkeit des Einfallswinkels und der Wellenlänge war vor Projektbeginn nur mit relativ langsamen Messgeräten möglich.

Schneeproben

Schnee-Sammelstelle © Michael Schrempf

So lagen die Messzeiten für Messungen aus mehr als 100 Richtungen je nach Genauigkeit zwischen 15 Minuten und einem Tag – Zeiträume, in denen sich die solare Strahlung erheblich ändert. Ein Ziel des Projekts war es daher, ein schnelles Messgerät zu entwickeln, mit dem es möglich ist, die solare Einstrahlung, genauer die sogenannte spektrale Strahldichte, innerhalb einer Sekunde gleichzeitig zu erfassen. Nach einer Laufzeit von gut zwei Jahren wurde das deutsch-chilenische Projekt im Februar 2016 abgeschlossen.

Schnee ist vor allem in der Antarktis in der Lage, die einfallende Sonnenstrahlung bis zu 100 Prozent zu reflektieren. Dies führt in kalten Regionen dazu, dass die Strahlungsexposition von Menschen, Tieren und Pflanzen wesentlich höher sein kann als bei vergleichbaren schneefreien Bedingungen. Daher sollte auch die Schneereflexion, die im Laufe der Zeit durch Alterungsprozesse stark modifiziert wird, in den chilenischen Anden erfasst werden. Strahlung und Schneereflektion sind für das Verständnis des Klimawandels von großer Bedeutung.

Einsatz u.a. in der Biologie, Klima- und Materialforschung

Die Anwendungen für das neu entwickelte Messgerät reichen von Anwendungen der Solarenergie (z.B. bei der optimierten Ausrichtung von Photovoltaikanlagen und der Entwicklung neuer Testverfahren für Solarzellen), medizinischen Anwendungen (wie der Bestimmung der Vitamin-D-wirksamen Exposition des Menschen), der Ableitung von Spurengasverteilungen in der Atmosphäre, Forschungen zur Alterung von Materialien (z.B. von verschieden ausgerichteten Fassaden), bis hin zu neuen Studien über den Zusammenhang zwischen der Einstrahlung aus verschiedenen Richtungen und dem Pflanzenwachstum im Gemüse- und Obstbau.

Die Studien zur Änderung der Reflexions-Eigenschaften von Schnee sind zum einen bedeutsam für das lokale Verständnis von Wasserhaushalt und Prozessen der Schneeschmelze z.B. in ariden Gebieten wie Chile und den nahegelegenen Anden. Zum anderen sind die Studien bedeutsam für das Verständnis bei globalen Klimaänderungen, die insbesondere Hochgebirgs- und Polarregionen betreffen. Chile bietet hier aufgrund seiner Nord-Süderstreckung und des Schneefalls in den Anden sowie eines Zugangs zur Antarktis fast ideale Forschungsmöglichkeiten.

Neue Erkenntnisse zur Sonneneinstrahlung und Schneeverschmutzung

Durch einen international durchgeführten Messgerätevergleich des NDACC (Network for the Detection of Atmospheric Composition Change) konnten die an die Messgeräte gestellten hohen Anforderungen und Genauigkeiten verglichen und überprüft werden. Synchronisierte Messungen der Bestrahlungsstärke zeigten, dass sowohl das deutsche Referenzgerät als auch das chilenische Partnergerät meist Abweichungen von unter 5 Prozent aufwiesen. Dies ermöglicht die Einbeziehung Chiles in ein globales Messnetz mit vergleichbarer Qualität. Durch die Entwicklung des neuen und schnell messenden Instruments besitzt die Leibniz Universität Hannover nunmehr eine Vorreiterrolle in diesem Bereich.

Des Weiteren können die im Rahmen internationaler Zusammenarbeit erlernten neuen Analyse- und Messmethoden der Schneeverschmutzung auch in Deutschland angewendet werden. So wurde im Rahmen einer chilenisch-US-deutschen Kampagne zur Sammlung von Schneeproben eine neue Methodik zur Bestimmung des Partikelgehalts im Schnee erprobt. Dadurch konnten die Grundlagen für weitergehende Untersuchungen zur Rolle der Strahlung durch Verschmutzung von Schnee für ein besseres Verständnis des Klimawandels gelegt werden.

Simultane Messungen im Sekundenbereich

Neue Erkenntnisse: Bei einer Messkampagne in der Atacamawüste wurde die spektrale Bestrahlungsstärke an verschiedenen Orten in unterschiedlichen Höhen gemessen. Die Zunahme im UV-Bereich liegt mit circa 9 Prozent pro Kilometer in der gleichen Größenordnung wie die Zunahme in den Alpen. Vorläufige Abschätzungen der während einer Kampagne gesammelten Schneeproben zeigen eine höhere Verschmutzung mit schwarzem Kohlenstoff in Zentralchile als im Norden Chiles.

Neue Verfahren: Ein neu entwickeltes Messinstrument ermöglicht erstmals simultane Messungen der Strahlung aus über 100 Richtungen im Sekundenbereich. Dadurch können sich schnell verändernde Strahlungsverhältnisse (wie z. B durch wechselnde Bewölkung) erfasst werden. Ein eigens entwickeltes, dem Sonnenstand nachführendes Schattenband verhindert ggf. negative Auswirkungen der direkten Sonnenstrahlung.

Neuartiges Messinstrument
© Institut für Meteorologie und Klimatologie, Eingangsoptik eines neuartigen Messinstruments zur Messung der Strahldichte in verschiedene Richtungen mit Abschattungseinheit
Grafische Darstellung der Ergebnisse
© Institut für Meteorologie und Klimatologie, Einfluss von Wolken auf das Strahlungsfeld: Vergleich von Strahlungsmessungen mit neuartigem Gerät und Bilder mit einer Fisheyekamera

 

Ansprechpartner/in

Inge Lamberz de Bayas
DLR Projektträger
Europäische und internationale Zusammenarbeit
Tel.: +49 228 3821 1436

Prof. Gunther Seckmeyer
Leibniz Universität Hannover
Institut für Meteorologie und Klimatologie
Tel.: +49 511 762 4022

Universidad de Santiago de Chile, Laboratorio de Metrologia Optica